(Thomas Krytzner) „Mit Musik kann man vieles vergessen, mit Musik werden Erinnerungen wach.“ Mit diesen Worten knüpfte Tanja Baumann, stellvertretende Leiterin der DRK-Notfallnachsorge im Kreisverband Nürtingen-Kirchheim, die Verbindung zwischen dem Landespolizeiorchester Baden-Württemberg und der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV). Die ehrenamtlichen Fachkräfte leisten nämlich Erste Hilfe für die Seele, wenn Menschen–in den meisten Fällen unvorbereitet – durch Not- oder Unglücksfälle aus der Normalität ihres Lebens herausgerissen werden. „Wir begleiten aber nicht nur direkt Betroffene, sondern alle Einsatzkräfte der Rettungs- und Hilfsorganisationen“, betonte Tanja Baumann. Dass die Nachsorge wichtig ist, beweisen die Zahlen aus den vergangenen 20 Jahren: „Seit der Gründung der PSNV haben wir bei 1025 Einsätzen 9568 Betroffene in über 5000 Einsatzstunden begleitet“, unterstrich Tanja Baumann. Sie stellte eine neue Dienstleistung der PSNV vor: Letzte Hilfe Kurse. „Das ist eine Besonderheit. Wir schulen die Bevölkerung, wie sie schwerstkranke und sterbende Menschen gut begleiten können.“ Bürgermeister und Schirmherr des Benefizkonzerts, Simon Blessing, der zugleich Vorsitzender im DRK-Kreisverband Nürtingen-Kirchheim ist, freute sich über das rege Interesse am Landespolizeiorchester. Er betonte: „Die Zusammenarbeit zwischen den Hilfsorganisationen funktioniert nicht nur auf der Straße, sondern auch beim Konzert.“ Und mit dem Benefizkonzert brachte das Orchester den guten Ton der Polizei in die Festhalle, wie Dirigent Marvin Stutz zu Beginn scherzte. Die Musiker entführten das Publikum mit den Polowetzer Tänzen in die Oper. Die vier Tänze stammen nämlich aus der Oper „Fürst Igor“ von Alexander Borodin. In der Oper selbst werden sie mit Chören ausgeführt. Gleich danach bot das Orchester Saxofon-Sound vom Feinsten. Der Solist Ivan Tumanov beherrscht sein Instrument in Perfektion und das Musikstück „Deux Mouvement“ von André Waignein begeisterte die Zuschauer. Corona-bedingt musste der künstlerische Gesamtleiter Marvin Stutz wegen fehlender Orchestermitglieder das Konzertprogramm abändern. Statt „Praise Jerusalem“ von Alfred Reed spielten die Musiker „Armenische Tänze“. Diese Komposition entstand vor 50 Jahren, ihr liegen armenische Volksweisen zugrunde. Gormidas Vartabed hat diese anfangs des 20. Jahrhunderts gesammelt und bearbeitet. Heiße Rhythmen kündigten in der Folge alte amerikanische Tänze an. Robert Russel Bennet schuf mit „Suite of old American Dances“ ein Werk, das mehrere verschiedene Tänze vereint. Die Spielfreude des Landespolizeiorchesters schwappte aufs Publikum über und vermutlich hätten viele gerne das Tanzbein geschwungen. Gescherzt wurde viel während des hochkarätigen Konzertes. Getragen vom Applaus kam Dirigent Marvin Stutz ins Schwärmen, als er das nächste Musikstück ankündigte: „Danzón Nr. 2“ aus der Feder des mexikanischen Komponisten Arturo Márquez stand auf dem Programm des Simón Bolívar Youth Orchestra von Venezuela unter der Leitung von Gustavo Dudamel.“ Amüsiert flachste er, dass man den weltberühmten Dirigenten gerne beim Benefizkonzert dabeihaben wollte. „Er hatte aber keine Zeit, jetzt muss ich halt selbst dirigieren“, erklärte Marvin Stutz mit einem Augenzwinkern. Die Zuschauer zeigten ihm mit großem Applaus, dass man auch mit ihm als „Ersatz“ sehr zufrieden war. Der Jazzkünstler Chuck Mangione ist Urheber der nächsten Darbietung des Landespolizeiorchesters. Mit „Children of Sanchez“ gewann der Komponist sogar einen Grammy. Engagiert und gekonnt spielten die Musiker den Soundtrack zum gleichnamigen Film aus dem Jahr 1978. Mit dem Stück „A Swabian in New York“ von Fynn Müller wollten die Musiker ihre guten Töne ausklingen lassen und das Konzert beenden. Die über 250 Zuschauer machten dem Vorhaben mit stehenden Ovationen und lautstarken Wünschen nach einer Zugabe einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Das Landespolizeiorchester bedankte sich mit dem Radetzky Marsch für die Anerkennung und das Publikum klatschte nach Anweisung von Dirigent Marvin Stutz kräftig mit.