100 Jahre DRK- Bereitschaft Neuffen ist wahrlich ein besonderer Grund zum Feiern.
Dies kam bei der Geburtstagsfeier in der Beurener Kelter mit vielen geladenen Gästen aus Politik, befreundeter Hilfsorganisationen und der großen DRK-Familie zum Ausdruck.
„Ihr dürft mit Recht stolz auf die lange Geschichte Eurer Bereitschaft sein und habt auch in schweren Zeiten nie aufgegeben den Rotkreuzgedanken aktiv zu leben“, lobte DRK-Kreisverbandspräsident Simon Blessing die rund 50 Mitglieder der Bereitschaft. Was Henry Dunant vor ca.150 Jahren zur Gründung des Roten Kreuzes bewegte, hat in der heutigen Zeit uneingeschränkt Bestand und ist Triebfeder und Ansporn für gelebtes Ehrenamt in den Rotkreuzgliederungen. „Die 1920-iger Jahre, in denen viele neue Rotkreuzbereitschaften gegründet wurden, sind der Ursprung des Roten Kreuzes, wie wir es heute kennen: lokal verankert, bundesweit präsent und international aktiv“, ist sich Blessing sicher, „auch oder gerade, wenn Selbstverständnis und Aufgabenbereiche einem ständigen Wandel unterworfen sind. So muss sich das DRK, bis hinunter zum einzelnen Helfer, immer wieder an neue Rahmenbedingungen anpassen und sich neu ausrichten, manchmal sogar neu erfinden. Angesichts vieler Herausforderungen, den demographischen Veränderungen, dem Klimawandel, der Corona - Pandemie oder der Digitalisierung, ist auch das Rote Kreuz mitten in einem unaufhaltbaren Transformationsprozess. Wie 1922 müssen wir uns plötzlich wieder mit Energieknappheit, Preisexplosionen, Warenmangel und Inflation beschäftigen. Dies alles bereitet den Menschen Zukunftsängste. Sie suchen das Rote Kreuz und vertrauen darauf, dass ihnen dort geholfen wird. Die Rotkreuzmitarbeiterinnen und -mitarbeiter leisten einen wichtigen Beitrag zu einer friedlicheren, lebenswerteren und stabileren Gesellschaft“.
Glücklicherweise besteht das Rotkreuzleben nicht nur allein aus Helfen. Es ist vielmehr ein Ort, an dem Gemeinschaft und Spaß groß geschrieben werden und wo dafür gesorgt wird, dass das gesellige Zusammensein auf keinen Fall zu kurz kommt. Das Jubiläumsgeschenk des Kreisverbandes, das Präsident Simon Blessing zusammen mit der Kreisbereitschaftsleitung an Neuffens Bereitschaftsleiter Dietmar Hauff überreichte, soll deshalb ausdrücklich vorrangig zur Kameradschaftspflege verwendet werden.
Für die Bürgermeisterkollegen und Gemeinderäte im Bereitschaftsgebiet der Bereitschaft Neuffen dankte stellvertretend Beurens Bürgermeister Daniel Gluiber den DRK-Aktiven. „Die Menschen in Neuffen, Beuren, Balzholz, Kohlberg und Kappishäusern brauchen ein verlässliches Rotes Kreuz. Wir wünschen der Bereitschaft immer begeisterungsfähige Frauen, Männer und Jugendliche, die sich ehrenamtlich für die gute Sache im Zeichen der Menschlichkeit engagieren“.
In einem kurzweiligen Vortrag, hinterlegt mit vielen Bildern aus vergangenen Tagen, ließ Neuffens Bereitschaftsleiter Dietmar Hauff ein Jahrhundert gelebtes Ehrenamt mit aktiver Rotkreuzarbeit Revue passieren.
Vor 100 Jahren, 4 Jahre nach dem ersten Weltkrieg, beginnt die Rotkreuzgeschichte in Neuffen. Begonnen hat alles mit einigen Idealisten die den Rotkreuzgedanken der damaligen Zeit nach Neuffen getragen haben. Im Herbst 1922 kam Kamerad Kehrer mit weiteren Gleichgesinnten aus Nürtingen nach Neuffen, um Interesse für das Rote Kreuz zu wecken. Es waren hauptsächlich alte Sanitäter des 1. Weltkriegs, die sich bereitfanden den Rotkreuzgedanken in Neuffen zu beleben. Auch die Gemeindebehörde zeigte ihr Interesse für die gute Sache, und so konnte im Neuffener Rathaussaal eine Versammlung stattfinden, die Geburtsstunde der „Freiwilligen Sanitätskolonne Neuffen im Roten Kreuz“.
Bei Gründung bestand die Sanitätskolonne aus 16 Mitgliedern. Durch Unterstützung verschiedener Betriebe und durch Mittel der Stadt Neuffen aus einer Stiftung, konnte die erste fahrbare Trage beschafft werden. Übungen und Versammlungen wurden im 1. Stock des Neuffener Rathauses abgehalten. Im Laufe der Zeit kamen weitere Kameraden aus Balzholz, Beuren und Kohlberg hinzu. Nach einer Übung im Frühjahr 1923 fand die Aufnahme in den DRK-Landesverband und die Angliederung als „Halbzug Neuffen“ an die Sanitätskolonne Nürtingen statt. In den 20-er Jahren führte man Krankenhaustransporte mit einer fahrbaren Trage nach Nürtingen, Urach und sogar Tübingen durch, damals noch zu Fuß oder mit der Bahn. Dank der Initiative einiger Kameradinnen und Kameraden des Kreisvereins Nürtingen - Kirchheim wurde es mit dem Aufschwung der 50-er Jahre und durch Spenden, wie die jährlichen Haus- und Straßensammlungen, möglich, einen modernen, zentralen Krankentransport aufzubauen. Im Jahre 1934 kam eine Gruppe Samariterinnen hinzu. Bei Kriegsausbruch 1939 wurde, bis auf einige wenige ältere und invalide Männer, fast der gesamte Halbzug Neuffen zur Wehrmacht eingezogen. Auch mehrere Sanitäterinnen waren in Lazaretten im Einsatz. Die wenigen in der Heimat Verbliebenen erfüllten weiterhin, unter erschwerten Bedingungen, ihre Aufgaben am Nächsten. Im Krieg und in den Jahren danach verlor der Halbzug Neuffen viele seiner ehemaligen Kameraden. Die wenig Übriggebliebenen versuchten, trotz Versammlung - und Vereinsverbot, die Verbindung, auch zu auswärtigen Kameraden, wieder aufzunehmen. Zeitgemäß durfte man sich höchstens zu zweit oder zu dritt treffen. Die Nachkriegszeit brachte einen Wandel der Aufgaben mit sich. So baute das Rote Kreuz einen „Suchdienst“ und „Sozialdienst“ auf. Durch Befragen und Nachforschungen bis ins kleinste Dorf konnten Schicksale von Vermissten geklärt und Familien zusammengeführt werden, die der Krieg auseinandergerissen hatte. Erfreulicherweise kamen auch wieder neue Kameradinnen und Kameraden hinzu. Um 1959 erfolgte die Neugliederung des Kreisvereins und die Namensgebung “Bereitschaft - Neuffen”. Seither werden jährliche Altkleidersammlungen und seit 1961 Blutspendeaktionen mehrmals im Jahr Blutspendeaktionen durchgeführt.
1971 startete das Jugendrotkreuz mit einer Gruppe in Neuffen. 1989 erfolgte der Umzug vom Melchior-Jäger-Haus in die neuen DRK-Räume beim Feuerwehrhaus.
Von Beginn an liegt ein Schwerpunkt der Rotkreuzarbeit in der Durchführung von Erste-Hilfe-Kursen. Kontinuierlich besuchen die Aktiven regelmäßig Sanitäts- Fortbildungen. Ohne 10 bis 20 Sanitätsdienste im Jahr wären Großveranstaltungen im Freilichtmuseum, bei Stadtfesten und im Sport- und Kulturbereich nicht möglich.
Als Teil der Einsatzeinheit 3 des Katastrophenschutzes im Landkreis Esslingen ist die Bereitschaft Neuffen seit 1995 im Besonderen für alle Fragen rund um die Themen Technik undSicherheit in unserem Kreisverband zuständig. Seit 1999 ist die Bereitschaft fest in das ehrenamtliche „Helfer-vor-Ort“-System des Kreisverbandes eingebunden und hat in über 2500 Einsätzen erweiterte Erste-Hilfe-Maßnahmen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes geleistet.
Nach einem vom Verpflegungszug der DRK-Bereitschaft Frickenhausen-Tischardt zubereiteten leckeren Jubiläumsmal rundete der in Neuffen wohnende, schwäbische Kabarettist LinkMichel die Geburtstagsfeier harmonisch ab.