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Ohne Hemmschwelle helfen

Die Kirchheimer SPD verleiht erstmals den Friedrich-Tritschler-Preis an das Rote Kreuz und an den Malteser Hilfsdienst. Das Bild zeigt von links: Andreas Kenner (SPD), Christian Spies (Malteser), Tonja Brinks (SPD) und Thomas Haug (DRK). Foto: Markus Brändli

Für ihr Engagement erhalten die DRK-Bereitschaft Kirchheim/Teck und der MHD Kirchheim den Friedrich-Tritschler-Preis des Kirchheimer SPD-Ortsverbands.

(Andreas Volz) Der Kirchheimer Ortsverband der SPD hat nach Friedrich-Tritschler (zur Person siehe unten), dem einstmals selbständigen Kirchheimer Handwerker und Kämpfer für Bürgerrechte, einen Preis benannt, den Friedrich-Tritschler Preis, der für herausragendes ehrenamtliches Engagement an jeweils zwei Preisträger verliehen werden soll. Dieses Mal waren es die Kirchheimer Ortsverbände des Deutschen Roten Kreuzes und der Malteser. Dotiert ist der Preis eigentlich mit 500 Euro. Trotzdem gab es nun bei der ersten Verleihung insgesamt 800 Euro Preisgeld: „Der Abgeordnete hat noch etwas draufgelegt“, verriet die SPD-Ortsverbandsvorsitzende Tonja Brinks, bevor sie Scheck und Urkunden an die Preisträger überreichte. „Der Abgeordnete“, das ist Andreas Kenner, der im Landtag die SPD im Wahlkreis Kirchheim vertritt. Vor der Preisverleihung hatte er die Vertreter der beiden ehrenamtlichen Organisationen ausführlich interviewt: Im Rahmen von „Kenners Montagsrunde“ zeigte das Gespräch, für welches herausragende ehrenamtliche Engagement DRK und Malteser da geehrt werden sollten. Gleich zu Beginn stellte Andreas Kenner fest: „Es geht um zwei Organisationen, die sich uneigennützig für andere Menschen einsetzen.“ Christian Spies, Leiter der Notfallvorsorge, kam vor knapp elf Jahren zum Malteser Hilfsdienst: „Mein jüngerer Bruder hat mich dazu gebracht, über seinen Schulsanitätsdienst.“ Bei DRK-Bereitschaftsleiter Thomas Haug war es ein einschneidendes Erlebnis auf einem Fest vor 34 Jahren: „Da ist jemand nach einem Wettessen verstorben – und keiner wusste, wie man helfen kann.“ Er wollte das zumindest für sich selbst ändern. So kam er zum Roten Kreuz. Beide sind sich einig, dass die Familie mitziehen muss. Anders ließen sich die vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden nicht leisten. Das gilt auch für Arbeitgeber. Christian Spies kennt vor allem Chefs, „die selbst ehrenamtlich engagiert sind“. Auch Thomas Haug findet bei seinem Arbeitgeber offene Ohren: „Ich durfte bislang immer gehen, wenn es Alarm gab.“ Beide klagen über die zunehmende Bürokratie im Ehrenamt. Thomas Haug gibt zu bedenken: „Wir sind ja auch in der Haftung, falls etwas schiefgeht.“ Christian Spies erinnert an die Love-Parade in Duisburg 2010: „Seither schauen wir noch viel intensiver auf die Sicherheitskonzepte bei Veranstaltungen. Das im Ehrenamt zu leisten, das musst du wollen.“ Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften hat er noch nicht erlebt. „Aber im hauptamtlichen Rettungsdienst muss man immer damit rechnen, vor allem am Wochenende.“ Thomas Haug berichtet von Gästen des Oldtimer-Fliegertreffens, die öfters ihren Unmut äußern, wenn er und seine Helfer einen Notfall versorgen: „Die sagen dann: Fahrt doch endlich weg, wir wollen die Flieger sehen‘.“ Ob man Kindern in der Schule bereits Achtung vor Blaulicht-Helfern beibringen solle? Schaden kann es nicht. Aber wichtiger wäre es beiden, schon in der Schule über Herz-Lungen-Massagen und dergleichen zu informieren. Auch regelmäßige Erste-Hilfe-Kurse seien wichtig: „Das muss man immer wieder üben. Sonst baut sich eine große Hemmschwelle für den Ernstfall auf – selbst bei uns.“ Derzeit arbeiten DRK und Malteser gemeinsam daran, Corona Notfälle zu verhindern: Auf dem Kirchheimer Güterbahnhofsgelände tragen sie mit Schnelltests dazu bei, die Ausbreitung des Virus und seiner Mutanten zu verlangsamen. Auch das ist eine herausragende Leistung im Ehrenamt, die der ganzen Gesellschaft hilft.

Zur Person Friedrich Tritschler: Friedrich Tritschler war in seinem bürgerschaftlichen Engagement in Kirchheim nur mäßig erfolgreich. Als führender Kopf der 1848er-Revolution fand er zunächst zwar regen Zuspruch. Aber breite gesellschaftliche Anerkennung wurde ihm nicht zuteil: 1850, als alle revolutionären Bestrebungen erstickt worden waren, musste er in die Schweiz und weiter nach Amerika flüchten. In Abwesenheit wurde er in seiner Heimat zu fünfeinhalb Jahren Arbeitshaus verurteilt. Heute ergeht es dem Seifensieder Friedrich Tritschler, der 1859 – noch keine 50 Jahre alt – verarmt im US-Bundesstaat Illinois verstarb, wesentlich besser: Im Steingau-Quartier wird eine Straße nach ihm benannt, und der Kirchheimer Ortsverband der SPD hat nach ihm, dem einstmals selbständigen Handwerker und Kämpfer für Bürgerrechte, nun einen Preis benannt – den Friedrich-Tritschler-Preis für herausragendes ehrenamtliches Engagement.