(Thomas Krytzner) Ehrenamtliche aus verschiedenen Hilfsorganisationen engagieren sich in ihrer Freizeit in den Impfzentren im Kreis Esslingen. Im Landkreis Esslingen stehen hunderte Ehrenamtliche der Hilfsorganisationen seit Mitte Januar in den Startlöchern, um mit den Impfungen gegen Corona zu beginnen. Bisher kamen mangels Impfstoffen nur wenige der Kräfte zum Einsatz in den Impfzentren in Esslingen und an der Messe Stuttgart. Warum opfern sie ihre Freizeit oder den Ruhestand? Wir haben nachgefragt. Iris Reichle arbeitet als Krankenschwester in der Notaufnahme im Klinikum Stuttgart. Sie erlebt das Leiden der eingelieferten Corona-Patienten auf beruflicher Basis täglich. Für sie ist die Situation an der Front kaum erträglich: „Die Infizierten kommen meist mit Atemnot in die Notaufnahme und wir können kaum helfen, weil die Atmung immer schlechter wird.“ Der zum Teil aussichtslose Zustand der Patienten ist für Iris Reichle Motivation, sich in der Freizeit ehrenamtlich zu engagieren, um die Pandemie zu bekämpfen. „Wir müssen noch mehr aufklären, wie schlimm die Pandemie ist.“ Belastend für sie ist der teils hoffnungslose Überlebenskampf. „Bei einigen eingelieferten Menschen wussten wir, dass sie die Klinik nicht mehr lebend verlassen.“ Die Krankenschwester hofft, dass die Pandemie durch die Impfaktionen aufgehalten werden kann.
Martin Kuhn ist Mitarbeiter in der Qualitätssicherung einer Maschinenbaufirma. Durch die derzeitige Kurzarbeit hat der stellvertretende Bereichsleiter im DRK-Kreisverband Esslingen ungeplante Freizeit, die er sinnvoll nutzen will. „Sobald die mobilen Impfteams zum Einsatz kommen, stelle ich mich ehrenamtlich als Fahrer zur Verfügung und übernehme einige Verwaltungstätigkeiten.“ Markus Oßwald, Vertriebsreferent bei der Kreissparkasse, engagiert sich seit Beginn der Corona-Pandemie ehrenamtlich beim Roten Kreuz. „Das Ziel ist es, möglichst viele Menschen zu impfen. Deshalb helfe ich in meiner Freizeit im Impfzentrum mit.“ Er ist der Ansicht, dass die vielen kleinen Beiträge zur Bekämpfung der Pandemie wichtig sind.
Daniel Thalmann studiert derzeit Medizin an der Uni in Tübingen. Er engagiert sich seit vier Jahren bei den Johannitern als Rettungssanitäter und ist seit der ersten Minute, als Corona in Deutschland festgestellt wurde, dabei. Sein Studium ist durch die Pandemie eingeschränkt: „Als die Kontaktbeschränkungen verordnet wurden, durften wir nicht mehr in die Uni-Klinik in Tübingen rein.“ Daniel Thalmann unterstützte bereits die Schnelltestaktionen vor den letztjährigen Feiertagen. „Die Mithilfe in den Impfzentren ist eine Weiterführung des Ehrenamtes, damit wir den Kampf gegen die Pandemie gewinnen.“ Eiskalt erwischt hat es die frischgebackene Notfallsanitäterin Verena Dolde. Sie war im Abschlussjahr ihrer Ausbildung zur Notfallsanitäterin beim DRK- Rettungsdienst Esslingen-Nürtingen: „Corona wurde ein Teil meiner Lehrzeit.“ Lange Zeit fragte sie sich, ob die Pandemie sogar prüfungsrelevant werden könnte. Sie hilft in ihrer freien Zeit, weil sie in den Kliniken einige Schicksale miterlebt hat. „Wenn man sieht, dass Menschen im Krankenhaus ersticken, erhöht das die Sensibilität.“ Vor der Ansteckungsgefahr fürchtet sie sich nicht: „Im Rettungsdienst schützt man sich selbst durch Schutzkleidung und Schleusen bei Noteinsätzen.“ Nach 39 Jahren im Rettungsdienst kam für Albrecht Nödinger der verdiente Ruhestand. Doch von Ruhe ist keine Spur, wie der Rentner bestätigt: „Ich arbeite derzeit noch zweimal im Monat beim DRK-Rettungsdienst. Das ist eine willkommene und sinnvolle Abwechslung im Ruhestand.“ Er engagiert sich ebenfalls für die Impfaktion im Landkreis. „Ich denke, es ist was Gutes im Kampf gegen Corona.“ Für die Malteser ist neben vielen weiteren Helfern des Hilfsdienstes die Servicekraft Leonie Ulrich im freiwilligen Einsatz. „Ich will meinen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.“ Sie fühlt sich im Impfzentrum sicher. „Wir sind gut geschützt. Ich habe keine Angst vor einer Infektion.“ Rafael Dölker, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes Esslingen-Nürtingen, ist vom ehrenamtlichen Engagement überwältigt: „Allein beim DRK gingen über 150 Bewerbungen von Menschen ein, die in den Impfzentren ehrenamtlich mithelfen wollen.“ Die drei Hilfsorganisationen DRK, Malteser und Johanniter wollen mit den Impfungen loslegen, wie Rafael Dölker bestätigt, aber „momentan fahren wir quasi mit angezogener Handbremse, weil die Impfstoffe fehlen“. Michael Wucherer, Rettungsdienstleiter beim DRK