Anlässlich der bundesweiten „Aktionswoche der Schuldnerberatung“ der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände kamen Schuldnerberaterinnen und -berater aus dem Landkreis Esslingen mit einem Kaffee-Tee-Mobil auf zwei Wochenmärkte. Am Montag, 30. Mai in Kirchheim unter Teck und am Donnerstag, 2. Juni in Nürtingen konnte man beim Mobil mit den Experten in Sachen Verschuldung ins Gespräch kommen und erhielt Informationen über Beratungsmöglichkeiten.
Die bundesweite „Aktionswoche Schuldnerberatung“ vom 30. Mai bis 2. Juni stand unter dem Motto „… und plötzlich überschuldet“ und thematisierte die Gefahr der Überschuldung durch veränderte Lebensumstände. Verschuldung ist allgemein gesellschaftlich akzeptiert und wirtschaftlich gewollt. Man denke an die Finanzierung von Eigenheimen, Autos, Smartphones und anderem mehr, die volkswirtschaftlich unumgänglich ist, da viele Menschen diese Güter nicht aus ihren Rücklagen bezahlen können. Die kontrollierte Verschuldung kann schnell in eine Überschuldung umschlagen, wenn die Einnahmen des Haushalts durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung und Scheidung oder eine gescheiterte Selbstständigkeit oder durch eine Kombination mehrerer Ereignisse wegbrechen. Besonders betroffen sind einkommensschwache Haushalte, die Folgen sind häufig Isolation und Stigmatisierung.
Zu plötzlichen Überschuldungssituationen kam es gerade in der Coronakrise. Bei angeordneter Kurzarbeit erhielten Beschäftigte 60 Prozent ihres monatlichen Einkommens, mit Kindern 67 Prozent, ein Einkommensrückgang, bei dem Raten nicht mehr bezahlt werden konnten. So blieb beispielsweise einem Mitarbeiter aus der Gastronomie, der sich in dieser Situation bei der Schuldnerberatungsstelle der Diakonie Filder meldete, die Eröffnung eines Verbraucher-Insolvenzverfahrens als letzte Möglichkeit der Sanierung. Auch Kinder kann eine Überschuldung plötzlich, ohne eigene Schuld treffen. So wurde beispielsweise das Sparbuch eines 11-jährigen Kindes von der Krankenkasse gepfändet, auf dem wenige hundert Euro der Großeltern angelegt waren. Grund für die Pfändung war die Aufhebung einer Familienversicherung, nachdem sich ein Elternteil selbstständig gemacht hat. Die freiwilligen Krankenkassenbeiträge für alle Familienmitglieder konnten nicht bezahlt werden und liefen über einen längeren Zeitraum auf. Das Kind ist immer noch mit einer fünfstelligen Summe bei der Krankenkasse verschuldet.
In Anbetracht der vielfältigen Krisen, Problemlagen und Sorgen, mit denen Ratsuchende zur Schuldnerberatung kommen, ist eine finanziell und personell stark aufgestellte Soziale Schuldnerberatung essentiell. Deren positive Wirkung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen, persönlichen und familiären Situation wurde in diversen Studien nachgewiesen. Darum ist eine zentrale Forderung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände die Verankerung des „Rechts auf Schuldnerberatung für Jedermann“ in eine gesetzliche Grundlage, unabhängig von der Lebens- und Einkommenssituation. Dies müsse einhergehen mit der bedarfsgerechten Vorhaltung von Schuldnerberatungsstellen und deren gesicherter, ausreichender Finanzierung einschließlich Investitionen in die technische Ausstattung und Digitalisierung. Die fünf Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen im Landkreis Esslingen unterstützen diese Forderungen im Rahmen der Aktionswoche Schuldnerberatung.
Im Landkreis Esslingen steht die Schuldnerberatung bereits jetzt allen Bevölkerungsgruppen offen. Seit 2022 wurde eine spezialisierte Schuldnerberatung für junge Menschen fest etabliert.
Schuldnerberatungsstellen im Landkreis Esslingen
- Landratsamt Esslingen, Telefon 0711 3902 42696
- Diakonische Bezirksstelle Filder, Telefon 0711 9979 820
- Diakonisches Beratungszentrum Esslingen, Telefon 0711 342157-0
- Diakonische Bezirksstelle Kirchheim, Telefon 07021 920920
- DRK-Kreisverband Kirchheim-Nürtingen, Telefon 07022 7007-2140